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Kontrol trifft Bundesregierung, um Autonomes Fahren in Deutschland voranzutreiben

Digitalisierung, soziale Akzeptanz und öffentlicher Nahverkehr: Das sind nur drei von vielen drängenden Themen, die beim Parlamentarischen Frühstück zwischen Vertretern aus dem Mobilitäts-Sektor und dem FDP-Bundestagsabgeordneten Valentin Abel zum Autonomen Fahren diskutiert wurden. Das Softwareunternehmen Kontrol initiierte diesen interdisziplinären Austausch, um den Status Quo und die Zukunft des Autonomen Fahrens zu besprechen. Dabei erarbeiteten die Teilnehmenden erste Lösungsansätze entlang des Forderungspapiers an die Politik.

Berlin, 5. April 2023 – Seit einigen Jahren bestimmen sich stetig ändernde Gesetze und Regelungen rund um das Autonome Fahren den öffentlichen Diskurs. Doch auf dem Weg in die autonome Zukunft gibt es noch große Hemmnisse. Im Rahmen eines Parlamentarischen Frühstücks am 31. März haben sich das Deep-Tech-Unternehmen Kontrol, Entscheider der Automobil-Branche wie BMW, ZF, Microsoft, TÜV-Verband, Deloitte, Infineon, Verband der Automobilindustrie (VDA), dSPACE und Wissenschaft wie die Technische Universität Berlin in den Räumlichkeiten des Deutschen Bundestags zu einem kritischen Austausch mit dem Bundestagsabgeordneten und Verkehrsausschussmitglied Valentin Abel getroffen. Ziel des Austauschs war es, den aktuellen Stand des Autonomen Fahrens in Deutschland zu evaluieren und mögliche Probleme bei der weiteren Umsetzung, insbesondere die unklaren Zuständigkeitsbereiche und langwierigen Zulassungsprozesse zu thematisieren.

„Wir von Kontrol entwickeln den ‚Digitalen Führerschein‘ für hochautomatisierte Fahrzeuge, um den Straßenverkehr gesetzeskonform und noch sicherer zu gestalten“, sagt Andreas Lauringer, CEO und Mitgründer von Kontrol. Mit der Technologie von Kontrol können Hersteller bei der Entwicklung hochautomatisierter und autonomer Fahrzeuge entlastet sowie Zulassungsverfahren beschleunigt werden. Aktuell fehlt es an einheitlichen Kriterien dafür. Ein Austausch zwischen Politik und Entscheidern aus der Industrie findet bislang nur bedingt statt, weshalb u.a. der VDA diesen Austausch im Vorfeld proaktiv angestoßen hat: „Obwohl Deutschland weltweiter Vorreiter ist, gibt es immer noch keine einheitlichen Prozesse für die Validierung und Zulassung dieser Systeme. Wir sind gemeinsam mit unseren Partnern mit MdB Valentin Abel ins Gespräch gegangen, um diese Herausforderungen zu thematisieren. Was wir jetzt brauchen: Den gleichen Ehrgeiz, wie es auch beim 49-Euro-Ticket für Deutschland war“, fordert Lauringer. Davon kann unter anderem der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) profitieren. 

Fahrerlose Kleinbusse können überfüllte Innenstadtstraßen schon heute massiv entlasten, aber auch ländliche Regionen besser anbinden. Derzeit gibt es noch keine Zulassung eines Autonomen Shuttles unter der AFGBV. Betreiber des ÖPNV sprechen Hersteller immer wieder an, wieso Zertifizierungen dafür nicht vorliegen. Marc Kiebel, Regulatory Affairs for Autonomous Driving bei ZF Group dazu: „Wir als Hersteller schauen uns genau an, was die Bedürfnisse des Öffentlichen Nahverkehrs, aber auch der Betreiber für fahrerlose Shuttles sind. Regulierungen sind bereits auf Landes-, aber auch auf EU-Ebene zum Thema Level 4 gut umgesetzt und auf Anwendungsebene praktikabel. Das Zusammenspiel aus verschiedenen Verantwortlichkeiten bildet allerdings ein Bottleneck. Es fehlt in den Landesbehörden Personal, das für diese Betriebsbereichs-Vorgaben zuständig ist.“ Bundesländer wie Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gelten dabei als Front-Runner. Doch gibt es immer noch kein Vorzeigeprojekt mit fahrerlosen Bussen zwischen Hersteller und ÖPNV: „Wir brauchen eine gute Finanzierungsbasis, spezifisch für das Autonome Fahren im öffentlichen Verkehr, um den Regelbetrieb zukünftig auf die Straße zu bringen. Aber als Projekt ist das derzeit zu innovativ und neu, dass es nicht in die ÖPNV-Finanzierung passt“, stellt Kiebel fest.

Wenn die gesetzlichen und technischen Weichen gestellt sind, muss die Bevölkerung von dieser neuen fahrerlosen Mobilität überzeugt werden: „Einen Business Case, den die Politik auf allen Ebenen für sich vereinnahmen müsste, ist der soziale Aspekt der Mobilität. Wir wollen autonom fahren, aber die Fahrzeuge werden auch mit der fortschreitenden Technologie und Elektromobilität immer teurer. Es entsteht eine soziale Schere in Bezug auf die Mobilität“, sagt Andreas Herzig, Global Head of Automotive bei Deloitte Risk Advisory. Der Arbeits- oder Ausbildungsort, die Anbindung aber auch die Mietpreise bestimmen über den eigenen Wohnort und die Wahl des Transportmittels. Ein neues Mobilitäts-Modell kann eine Lösung sein: „Wenn wir die Ziele ‚Weniger Fahrzeuge auf den Straßen und einen umweltfreundlichen Verkehr‘ erreichen wollen, müssen wir über die Kombination von Autonomen Fahren und Shared Mobility-Modellen nachdenken. Ein teilautonomes Angebot kann die Auslastung der Fahrzeuge erhöhen, dabei die Preise senken und den sozialen Aspekt einer sehr individuellen Mobilität für alle Lebenssituationen erfüllen“, erklärt Herzig.


Fehlende Zuständigkeiten und soziale Akzeptanz behindern Autonomes Fahren in Deutschland

Zulassungs- und Haftungsfragen stellen Automobil- und Softwarehersteller sowie Behörden vor große Herausforderungen. Anders als in Österreich gibt es in Deutschland nicht einen zentralen Ansprechpartner bei der komplexen Umsetzung von Autonomen Fahren. Interessenverbände, das Kraftfahrbundesamt oder die verschiedenen TÜVs arbeiten größtenteils eigenständig an Lösungen, ein Austausch zwischen Politik und Entscheidern aus dem Automotive-Sektor findet nur bedingt statt. Benötigt wird ein regelmäßiger „Runder Tisch“ in Form einer fokussierten Projektgruppe, um konkrete Lösungsansätze mit allen Akteuren der Branche zu erörtern und Probleme bei der Umsetzung sofort zu identifizieren sowie ein zentraler Ansprechpartner.

Um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschland zu gewährleisten, müssen Initiativen hiesiger Hersteller sowie der Verbände, wie dem VDA, die den Prozess aktiv beschleunigen wollen, pragmatisch unterstützt werden. Valentin Abel, FDP, zieht ein Fazit: „Der Austausch mit Vertreten aus der Automobilindustrie, Softwareunternehmen und der Wissenschaft war sehr gehaltvoll und zielführend. Nur durch einen regelmäßigen Kenntnisaustausch beider Seiten können wir weiterhin das Autonome Fahren in Deutschland voranbringen. Deutschland hat die Möglichkeit als Triebfeder zu fungieren, doch dafür wird dringend eine Standardisierung aller Gesetze und Normen in Deutschland und Europa benötigt. Ansonsten besteht, aufgrund europäischer Anforderungen, die Gefahr, dass der europäische Markt zu sehr fragmentiert wird. Insbesondere in Deutschland darf es nicht zu einer Divergenz der Bundesländer kommen – 16 unterschiedliche Gesetze für Autonomes Fahren erzielen am Ende keinen technologischen Fortschritt. Die Lösung: Eine regelmäßige Abstimmung zwischen den Digitalministern von Bund und Ländern sowie eine einheitliche Sprache, kurzfristig realisierbare Projekte und einen funktionierenden Business Case. Essenziell ist dabei vor allem die soziale Akzeptanz in der Gesellschaft, die u.a. durch Möglichkeiten der Simulation oder Testfelder erreicht werden kann. Die gewonnenen Erkenntnisse nehme ich gerne mit in Gespräche ins Bundesverkehrsministerium.“